Samstag, 27. September 2014

Frankfurter Mythen

Der 17.6.1978 ist zu dieser Zeit noch ein Feiertag. Der Tag der Deutschen Einheit. Und dazu hat sich die NPD in Frankfurt angekündigt. Die Linke Frankfurts hat damit ein Problem und besetzt den Römer, der für die Nazis vorgesehen war. Die Polizei hat wiederum damit ein Problem und mit allem was dafür vorgesehen ist, wird der Römer leergeräumt. Auf der Berliner Straße fliegt den Ordnungshütern alles was gerade greifbar ist entgegen, ein etwas übereifriger Behelmter wagt sich zu weit vor und landet flach auf den Asphalt. Es geht zur Hauptwache und unterwegs landen einige Hindernisse auf die Straße, was eben gerade so rumsteht. Kompressoren etwa. Die Wasserwerfer kommen nicht durch und eine Polizeireihe steht da nutzlos rum. Das scheint einige auf die Idee zu bringen, mit Begeisterungsgeschrei auf die zuzurennen und auf  einmal sieht man Polizisten on da run, aber von hinten. So was siehst auch nicht allzu oft. Um sie dann auf Abstand zu halten, fliegt denen einiges entgegen und dann sammeln die Polizisten die Steine auf und werfen sie zurück. Nicht unbedingt Teil der Ausbildung. Nun kommt es zu einer regelrechten Steinschlacht, keiner von unserer Seite hat einen Helm und das nichts passiert, ist echt Glück und das wir hinsehen. Nach vorne sehen, nicht umdrehen, heißt es. Soll heißen, behaltet die Steine im Blick und auch deswegen wird niemand von uns getroffen und es fliegen echt nicht gerade wenig Steine. Erst als ein Wasserwerfer aus einer Seitenstraße so schnell rausschießt, daß es gesünder ist abzuhauen, findet dies ein Ende. War natürlich auch Zeitungsthema und noch lange danach wurde die Story weitergetragen. Tatsächlich waren nur relativ wenige daran beteiligt. Eigentlich war es grad mal eine versprengte Gruppe, nachdem am Römer schon alles vorbei war.
Doch der Tag hatte noch mehr zu bieten. Das kann man sich nur schwer ausdenken und wenn man nicht dabei gewesen wär, dann würde man sich fragen, ob man das glauben soll. Die Demonstranten werden gerade vom Römer runtergetrieben und daneben hält die DKP ihre Jammer und Klagekundgebung ab, lässt sich nicht weiter stören und es gelingt ihnen, alles was nur wenige Meter vor ihnen passiert zu ignorieren, als würde es auf einen anderen Planeten stattfinden. Erst als Steine fliegen sind sie fix zur Stelle und es heißt, solange sie ihre Kundgebung abhalten sollen die Leute die Bullen nicht provozieren. Hau ab, du machst mich aggressiv, so lautet eine Antwort an den staatstragenden Kommunisten. Die NPD um die es letztlich ging, schaffte es gar nicht erst in die City, ein Verdienst der ordnungsliebenden DKP war das jedenfalls nicht. Dafür ein bemerkenswerter Vorgang, der zeigte, wie ernst man das Revolutionsgerede etlicher Linker nehmen sollte. Auch in den 70ern fehlte es nicht an Linken, die revolutionäre Aktionen weit in die Vergangenheit verlegt hatten, in der Gegenwart etwas zuviel von Revolution redeten und diese selbst in eine ferne unbestimmte Zukunft verlegt hatten. Nicht ganz so fern. Die Revolution fand sogar in 11 Jahren statt, wenn auch nicht da wo sie sollte und etwas anders als man sich das vorgestellt hatte.
Was davon bleibt, ist der Mythos einer Steinschlacht auf der Hauptwache und noch in Internetzeiten wird man daran erinnert. Vermutlich eher von Usern, die davon nur gehört haben. Doch einige waren wirklich dabei und so was vergisst man nicht.